Digitale Barrierefreiheit: Medibus erstellt E-Books, testet und berät zu inklusivem Publizieren
Die Mitglieder von Medibus erstellen barrierefreie E-Books und testen bestehende Werke, um Barrieren zu finden und zu beseitigen. So können auch Menschen mit Blindheit, Seh- oder Lesebehinderung digitale Inhalte problemlos bei den Mitgliedern von Medibus ausleihen und komfortabel mit entsprechenden Hilfstechnologien wie Screenreadern und/oder Vergrößerungstechnologien nutzen.
Rechtliche Grundlagen und Normen zur digitalen Barrierefreiheit
In Deutschland regeln die Behindertengleichstellungsgesetze (BGG) auf Bundes- und Landesebene die Gleichstellung und Nichtdiskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Sie enthalten wichtige Grundlagen für die Umsetzung barrierefreier Informationstechnik. Auf europäischer Ebene wird dies durch die Richtlinie (EU) 2016/2102 über den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen geregelt, die für alle EU-Mitgliedstaaten verbindlich ist.
Zusätzlich konkretisiert die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) in Deutschland die Anforderungen an digitale Barrierefreiheit. Sie verpflichtet öffentliche Stellen, ihre digitalen Angebote nach den Vorgaben der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 (Stufe AA) barrierefrei zu gestalten.
Der europäische Standard EN 301 549 legt technische Anforderungen für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen im Bereich der Informationstechnologie fest. Er ergänzt die WCAG und gilt für öffentliche Stellen sowie für Unternehmen, die barrierefreie Lösungen entwickeln.
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist von zentraler Bedeutung für die Verlage, und verpflichtet sie, E-Books barrierefrei zu erstellen. Es basiert auf mehreren nationalen und internationalen Standards, die die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen sicherstellen sollen.
Zu den wichtigsten gehören:
- European Accessibility Act (EAA): Die EU-Richtlinie 2019/882 legt Mindestanforderungen für die Barrierefreiheit fest und dient als Grundlage für das BFSG.
- EN 301 549: Diese europäische Norm definiert technische Anforderungen für die Barrierefreiheit von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT)-Produkten und -Dienstleistungen. Sie ergänzt die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und gilt für öffentliche Stellen sowie für Unternehmen, die barrierefreie Lösungen entwickeln.
Das Medibus-Testverfahren
Medibus hat ein eigenes kompaktes Testverfahren entwickelt für Bücher im Epub-Format, das sich an den oben genannten Standards und gesetzlichen Vorgaben orientiert. Ziel ist es, Barrieren und Einschränkungen zu erkennen und zu beseitigen. Das Verfahren umfasst u.a.:
- Technische Prüfung mit Hilfe von automatisierten Tools: Hier werden z. B. Kontraste, Bildbeschreibungen, sinnvolle Lesereihenfolge und die semantische Struktur der Inhalte analysiert. Dabei wird überprüft, ob die Vorgaben der WCAG, EN 301 549 und BITV erfüllt sind. Dabei kommen automatisierte Tools zum Einsatz, und es wird eine menschliche Sichtprüfung durchgeführt.
- Manuelle Kontrolle: Testerinnen und Tester prüfen die Bedienbarkeit mit Hilfsmitteln wie Screenreadern, Vergrößerungstechnologien oder Tastaturen.
- Empfehlungen: Medibus erstellt, sofern notwendig und gewünscht, einen Bericht mit Vorschlägen, wie Inhalte verbessert werden können, um den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen. Bei Medibus sind ausschließlich Werke ausleihbar, die das beschriebene Testverfahren durchlaufen haben. Lässt sich ein Werk dennoch nicht komfortabel nutzen, freuen wir uns über Rückmeldungen unter info@medibus.info.
Urheberrechtliche Regelungen für barrierefreie Werke
Ein wichtiger internationaler Meilenstein für die Barrierefreiheit von Literatur ist der Marrakesch-Vertrag. Er erleichtert den grenzüberschreitenden Zugang zu barrierefreien Büchern für blinde, sehbehinderte oder anderweitig lesebehinderte Personen. Deutschland hat den Vertrag ratifiziert und die Bestimmungen in nationales Recht überführt.
Damit Menschen mit Behinderungen Zugang zu barrierefreien Büchern und anderen Inhalten erhalten, gibt es im deutschen Urheberrecht besondere Regelungen. Die §§ 45a bis 45c des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) erlauben es bestimmten Einrichtungen, Werke in barrierefreie Formate umzuwandeln, ohne die Zustimmung der Rechteinhaber einholen zu müssen.